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Streuobst Orlasenke

Streuobst als immaterielles Kulturerbe für Mensch und Natur erhalten

Das Projekt startete im Juli 2022 und wird im Rahmen des Programms „Förderung von Maßnahmen zur Entwicklung von Natur und Landschaft (ENL)“ mit Mitteln des Freistaates Thüringen und der europäischen Union finanziert.

Eler
Freistaat

Streuobstwiesen und Obstbaumreihen gehören in Thüringen zu einem weitverbreiteten und charakteristischen Bestandteil der Kulturlandschaft. Mit circa 10.000 Hektar machen sie den flächenmäßig größten Anteil der gesetzlich geschützten Biotope aus. Die Kombination aus Strukturelementen von Wald und Offenland bietet einen Lebensraum für eine Vielzahl von Insekten, höhlenbewohnenden Vögeln und Kleinsäugern mit unterschiedlichen Habitatansprüchen. Neben dem hohen naturschutzfachlichen Wert sind Streuobstwiesen eine ästhetische Bereicherung der Landschaft. Durch ihre bevorzugte Lage am Ortsrand bilden sie einen Übergang vom Siedlungsraum in die freie Landschaft. Darüber hinaus stellen sie ein genetisches Reservoir für die Erhaltung alter, regionaler Obstsorten dar.

 

Kulturhistorisch betrachtet, handelt es sich bei Streuobstbeständen um ein vergleichsweise junges Landschaftselement mit der Blütezeit des traditionellen Hochstamm-Obstbaus im 19. Jahrhundert. Diese Relikte einer historischen Landnutzungsform können unter den heutigen Marktbedingungen nicht mehr kostendeckend bewirtschaftet werden. Daher ist die Nutzungsauflassung mit der einhergehenden Vergreisung der Bäume als eine Ursache für den Bestandsrückgang und die Gefährdung des Biotops Streuobstwiese zu sehen. Mit der Nutzungsauflassung geht auch das Wissen um die richtige Pflege, die vielfältigen Sorten und deren Verwendung verloren, das s.g. immaterielle Kulturerbe. Außerdem fehlt die Motivation, neue Baumgenerationen nachzupflanzen und damit zeitliche und räumliche Lücken in Bestandswiesen aufzufüllen.

 

Der hohe naturschutzfachliche Wert alternder Streuobstwiesen sowie das immaterielle Kulturerbe können langfristig nur erhalten werden, wenn eine nachhaltige Bewirtschaftung sowohl der Bäume als auch des Grünlandes im Unterwuchses wieder etabliert und gewährleistet wird. Dazu muss zum einen der alternde Baumbestand fachgerecht gepflegt und durch Nachpflanzungen verjüngt werden. Zum anderen müssen Eigentümer für ihren „Schatz am Dorfrand“ sensibilisiert und zur richtigen Folgepflege angeleitet werden.

 

Im Rahmen des über LEADER geförderten Streuobstnetzwerks Ostthüringen wurden die Menschen in den drei Regionen Saalfeld-Rudolstadt, Saale-Orla und Saale-Holzland für das Thema Streuobst erstmals sensibilisiert. Die durchgeführten Veranstaltungen wie Streuobsttreffen, Schnittvorführungen oder pomologische Seminare wurden gut angenommen. Nachfragen nach Fördermöglichkeiten für Altbaumschnitt oder Neupflanzungen zeigen ebenfalls ein gesteigertes Interesse.

Da im September 2021 der allgemeine Teil des Streuobstnetzwerks ausgelaufen ist, und das Nachfolgeprojekt die Verwertung und Vermarktung von Streuobstprodukten zum Schwerpunkt hat, soll das hier beantragte ENL-Projekt die Bereiche Beratung, Ausschreibungen zu Revitalisierungsmaßnahmen und Schulungen der Baumbesitzer übernehmen und vertiefen.

 

Die Hauptziele dieses Projektes sind die Erhaltung und Verjüngung der Streuobstwiesen im Saale-Orla-Kreis und dort vorrangig im Bereich der Orlasenke sowie die Sensibilisierung der Eigentümer für diesen Lebens- und Wirtschaftsraum und dessen fachgerechte Pflege. Als nachgestelltes Ziel ist die Erhaltung der Sortenvielfalt zu sehen. Dazu sollen soweit möglich die Sorten auf den Streuobstwiesen und an Wegrändern mittels der Streuobst-App des Streuobstnetzwerks Ostthüringen erfasst werden. Zudem sollen die Eigentümer bzw. Nutzer bei entsprechendem naturschutzfachlichem Potenzial der Fläche zu einer angepassten Bewirtschaftung des Unterwuchses (Grünland) beraten werden.